Im Dialog mit Anwohnern

Im Dialog mit Anwohnern

Müglitztal – 16.08.2020

Das Müglitztal unweit der Stadt Dresden ist mit seinen über 140 Kurven eine beliebte Strecke für Motorradfahrer. Was den einen freut, ist des anderen Leid. Aus diesem Grund baten uns die Organisatoren der IG Lärminitiative Müglitztal im Nachgang zu unserer Kundgebung am 04.07.2020 in Dresden um ein Gespräch vor Ort.
Sonntag, später Nachmittag im Müglitztal – wir hatten noch etwas Zeit bis zu dem vereinbarten Termin mit Anwohnern des Müglitztal und Organisatoren der IG Lärminitiative. So nutzten wir die Zeit und stellten unsere Motorräder in einer Haltebuchte ab, um uns ein eigenes Bild von der Situation zu schaffen.
Für eine beliebte Motorradstrecke waren wenige Motorräder unterwegs, den Großteil des Verkehres machten Pkws aus (ca. ¾). Mit der Handy-App nahmen wir spaßeshalber die Lärmwerte. Diese sind natürlich aufgrund der Gegebenheiten nicht bindend, lediglich ein Richtwert. Bei dem vorbeifahrenden E-Bike wurden 85 dB gemessen, Pkws zwischen 75 und 90 db, ebenso die vorbeifahrenden Motorräder. Nichts auffälliges…
Also auf zu dem vereinbarten Treffpunkt, ein kleiner Rastplatz in Mühlbach. Hier sind 70 km/h erlaubt, es wird auf eine Ampel hingewiesen, die Regionalbahn verkehrt ebenfalls an dieser Strecke. An dem vereinbarten Treffpunkt trafen wir auf Guido von der Biker Union sowie Frank und Norden vom Runden Tisch Leipzig. Aufgrund eines Pressetermins der IG Lärminitiative hatten wir ausreichend Zeit, den vorbeirollenden Verkehr weiter zu beobachten. Noch immer wesentlich mehr Pkws wie Biker, das Verhältnis änderte sich nicht. Interessant waren die gegenseitigen Überholmanöver der Pkws, Geschwindigkeit schwer schätzbar. Ein Teil der Biker rollte vorbildlich an dieser Stelle vorbei; Geschwindigkeit angepasst und im niedrigen Drehzahlbereich. Aber auch die sogenannten schwarzen Schafe kamen durch, hohe Drehzahl, niedriger Gang und gefühlt zu zügig. Hier waren wir uns – 5 Biker – einig, diese Geräuschkulisse ist unnötig.
Frau Lehmann, zwei weitere Anwohner und Herr Rentsch, freier Journalist, stießen nun zu uns und wir kamen umgehend ins Gespräch. Sie schilderten uns ihre Empfindungen, berichteten von den bereits ergriffenen Maßnahmen auf verschiedenen Ebenen (Einbau Lärmschutzfenster, Aufstellen Blitzanlagen und Lärmplakate). Bei den aufgestellten Lärmplakaten konnten wir bestätigen, dass diese für uns ein Hinweis und Denkanstoß zum rücksichtsvollen Fahren sind und auch beherzigt werden. Die anderorts angebrachten Lärmdisplays erfüllen ebenfalls oft ihren Zweck.
Die Frage, ob wir mit einem Sonntagsfahrverbot – auch teilweise – einverstanden wären, beantworteten wir bei allem Verständnis für die Anwohner mit einem klaren Nein. Begründung: Verlagerung und Konzentrierung des Verkehrs auf andere Strecken und somit Schaffung weiterer „Problem“strecken, für Tourenfahrer oftmals überraschend und mit hohen Umwegen verbunden, außerdem eine einseitige Einschränkung einer Verkehrsteilnehmergruppe.
Die lediglich zwei Kontrollen im Jahr an einer beliebten Strecke werden mit fehlendem Personal und fehlender Technik begründet. Für uns unverständlich, auch wir fordern verstärkte Kontrollen, damit die bereits bestehenden Gesetze tatsächlich angewandt werden und einen Lerneffekt bei den Verkehrsteilnehmern erzielen können. Wir signalisierten unsere Bereitschaft, an Polizeikontrollen teilzunehmen. So haben wir die Möglichkeit, mit anderen Bikern vor Ort in ein persönliches Gespräch zu kommen – wohlwissend dass wir nicht alle erreichen und einige unbelehrbar sind.
Während unseres Gespräches wurden wir immer wieder auf den vorbeirollenden Verkehr mit der entsprechenden Geräuschkulisse aufmerksam gemacht. Es waren nicht nur Motorräder, unter anderem fiel auch ein Pickup mit einem V8-Motor darunter. Hier zeigte sich die subjektive Wahrnehmung des Lärms: bei dem einem geht der Puls bereits bei dem Wort Motorrad in die Höhe, der andere freut sich über die Biker, welche vorbildlich vorbeifuhren. In diesem Zusammenhang hielten wir fest, dass es die Problematik breiter benannt werden muss – Verkehrslärm, nicht Motorradlärm.
Ideen wurden während dem Gespräch gefunden, unter anderem weitere Treffen zwischen Anwohner und Biker mit Brainstorming, ein gemeinsames Vorantreiben der Beruhigung des Verkehrslärms im Müglitztal bei dem Sächsischen Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr. Mögliche Lösungen scheitern teilweise bereits im Ansatz an dem derzeit bestehenden Verkehrsrecht. Wer sagt, dass es so bleiben muss? Es ist nicht in Stein gemeißelt und sollte entsprechend angepasst werden können.

Die Zusammenfassung aus meiner Sicht: Es war ein Gespräch, ein Austausch auf Augenhöhe mit gegenseitiger Wertschätzung. Wir Biker konnten die Situation vor Ort betrachten und konnten eventuell unser Hobby etwas näher bringen. Und letztendlich zeigten wir an diesem Tag bereits: wir sind als Biker nicht kontra eingestellt, wir suchen den Dialog und möchten gemeinsam Lösungen, mit denen alle betroffenen Parteien leben können, finden und umsetzen. Die Zusammenarbeit mit der IG Lärminitiative könnte als Pilotprojekt für weitere Orte in Sachsen dienen. Zwingend notwendig ist die Unterstützung der Politik, sei es die örtliche oder die Landespolitik. Aber auch der Industrieverband Motorrad mit seinen Mitgliedern ist gefordert.
Gehen wir den Weg gemeinsam – in einem Dialog auf Augenhöhe. Es wird ein steiniger Weg, aber gehen wir ihn.
Und Ihr Biker da draußen, geht diesen bitte mit uns, damit wir zukünftig weiter unserem Hobby frönen können.
Und noch ein Wort zum Schluss: ein absolutes No-Go ist das Bedrohen der Anwohner, welche sich gegen den Verkehrslärm wehren. Es dient keinem.